21.03.2016

Von Jux bis Trauer

Der Schreibwarenladen Richter u. Delfmann befindet sich in einer absoluten Traumlage im Münchner Gärtnerplatzviertel. Seit über zwanzig Jahren haben sich die Inhaber dort auf kleinstem Raum auf das Grußkarten-Sortiment konzentriert.

Der Gärtnerplatz wurde 1860 als zentraler Platz der Isarvorstadt errichtet. Heute ist der Platz mit seinem südländischen Flair Mittelpunkt des Münchner Szene-Viertels. Hier befindet sich auch das 1865 erbaute Staatstheater am Gärtnerplatz. Rund um den Kreisverkehr haben sich in den letzten Jahren zahlreiche trendige Shops, Restaurants und Cafés angesiedelt. Mit den alteingesessenen Geschäften, die unkonventioneller sind als in der Kaufunger- oder Maximilianstraße, hat sich das Gärtnerplatzviertel zu einem Anziehungspunkt für Individualisten entwickelt. Eine der drei Straßen, die den Platz kreuzen, ist die Reichenbachstraße. Sie beherbergt hinter der Hausnummer 19 ein kleines Juwel, das es so wohl in keiner anderen Stadt mehr gibt.

Entstanden ist das kleine Lädchen bereits in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts. Unweit der jüdischen Synagoge war es von Beginn an ein Schreibwarengeschäft mit einem vielfältigen Angebot auf knappen 16 Quadratmetern Verkaufsfläche. Typisch für die damalige Zeit war dabei die lange Theke im Apothekenstil sowie ein schmaler Gang für die Kundschaft.

Peter Delfmann ordnet die Grußkarten vor dem Ladengeschäft ein: „Unsere Fußballkarten werden auch als Autogrammkarten eingesetzt – wenn in den umliegenden Cafés und Restaurants die FC-Bayern-Stars einkehren.“
Peter Delfmann ordnet die Grußkarten vor dem Ladengeschäft ein: „Unsere Fußballkarten werden auch als Autogrammkarten eingesetzt – wenn in den umliegenden Cafés und Restaurants die FC-Bayern-Stars einkehren.“

In diesem Zustand kannten die Nachbarn den kleinen Laden noch bis 1993. Zu dieser Zeit wollte die Inhaberin aus privaten Gründen aufgeben. Der Liebe wegen wanderte sie nach Italien aus. Und genau zu dieser Zeit suchte Ralf Richter, der noch immer im Haus nebenan wohnt, nach schwerer Krankheit, eine neue Lebensaufgabe. An seinen alten Platz im stressigen Filmgeschäft wollte er nicht mehr zurück. Wieder genesen, sortierte er das Angebot neu, und gestaltete das Ladengeschäft auf kleinstem Raum entsprechend seinen Vorstellungen um. Seither dominieren Grußkarten das Sortiment im Laden.

Angespornt vom Erfolg seines Partners, gab wenig später auch Peter Delfmann seinen Posten bei einem internationalen Konzern auf und wagte den Schritt in die Selbstständigkeit. Zusammen eigneten sie sich alles Wissenswerte rund um die Grußkarte an. Das sprach sich schnell herum in der Stadt und der Region. Die treue Kundschaft reicht heute bis zum Tegernsee. Natürlich lebt der Laden vom Stadtviertel und dem Staatstheater. Deshalb steht das Angebot unter der Woche den Kunden von 9 bis 19.30 Uhr zur Verfügung und am Samstag bis 19 Uhr.

Mit welcher Sorgfalt die Karten ausgewählt werden, zeigen die regelmäßigen Messebesuche auf der Trendset in München. Dort verweilen die Beiden oft stundenlang bei ihren Lieferanten, um das Kontingent für ein halbes Jahr zu ordern. Genommen wird nur was gefällt und das kommt bei der Kundschaft an: „Wir wissen was von uns erwartet wird. Außerdem lassen wir uns ganz von unserem persönlichen Geschmack leiten“.

Es gibt Karten, Geschenkpapiere und Servietten für alle Lebenslagen – „von Jux bis Trauer“ wie eine Kundin treffend beschreibt. Selbst so exotische Artikel wie dreidimensionale Karten oder die Guckkästen aus Bayern finden ihre Abnehmer und das nicht nur zur Saison an Ostern oder Weihnachten.

Das Papeterie-Angebot erstreckt sich von Künstler- bis hin zu historischen Motiven.
Das Papeterie-Angebot erstreckt sich von Künstler- bis hin zu historischen Motiven.

Die Auswahl an Karten bleibt überschaubar – das gilt ebenso für das kleine Angebot an Büro-, Schul- und Schreibwarenbedarf – aber gerade das ist das Besondere, diese feine Vorauswahl. Präsentiert werden Künstlermotive aus der Zeit der Renaissance oder des Expressionismus. Beliebt sind Karten mit Motiven von Michelangelo, Leonardo da Vinci, Botticelli, Klee, Richter, Monet oder Kandinsky.

Das Niveau und der Stil der Verkäufer aus Leidenschaft spiegelt sich in der Ware wieder. Die Stammkunden schätzen dabei die individuelle Beratung. Gerade bei traurigen Anlässen, Peter Delfmann deutet dabei auf die Trauerkarten an der Wand, werde das dankbar angenommen. Dann schütten ihm die Leute oftmals ihr Herz aus, kaufen die Karte und freuen sich noch lange, einen verständnisvollen Zuhörer für ihr Leid gefunden zu haben. Stolz ist man bei Richter & Delfmann, bei der Kreation der ersten Partnerschaftskarte mitgewirkt zu haben, die der Verlag Edition Gollong auf den Markt gebracht hat. Grußkarten werden nach Ansicht der beiden Inhaber noch lange existieren, weil nur eine handgeschriebene Karte in der Lage sei, das Empfinden für einen Menschen in ansprechender Form zu transportieren.

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